Die rollende Tierarztpraxis

Tierärztin Katrin Freund
  • Beruf & Karriere
  • 13.03.2018

Etwa 600 bis 700 Tiere hat Katrin Freund behandelt, seit sie vor einem Jahr mit ihrer mobilen Tierarztpraxis an den Start gegangen ist. Oft sind die Tage sehr lang, aber Freund genießt es, durch die Schweriner Landschaft zu fahren, um ihre Patienten in deren gewohnter Umgebung zu verarzten. Im Interview schildert sie die Vor- und Nachteile ihres Berufsalltags.

Sie haben sich schon früh für Tiermedizin entschieden. War das Studium so, wie Sie es sich erhofft hatten?

Ich habe zunächst als Tierarzthelferin gearbeitet. Als ich mich fürs Studium in München entschieden hatte, fragte mich mein damaliger Chef mehrfach, ob ich mir diese Wahl gut überlegt hätte. Seine Frage habe ich erst später verstanden. Das Studium war nämlich wesentlich anstrengender, theoretischer und prüfungsintensiver als gedacht. Danach war ich erst einmal anderthalb Jahre als Assistenztierärztin in einer Gemischtpraxis tätig - und weitere zweieinhalb Jahre war als amtliche Tierärztin. Parallel dazu habe ich Fortbildungen zur Behandlung von Kleintieren absolviert und mich schließlich als mobile Tierärztin selbstständig gemacht.

Was sind die Unterschiede zwischen mobilen Tierarzteinsätzen und der Behandlung in einer Praxis?

Die mobile Tätigkeit ist sehr zeitintensiv. Mindestens zehn Stunden bin ich täglich unterwegs, die Hälfte davon auf der Straße. Das limitiert die Anzahl der Patienten pro Tag erheblich. Ich schaffe es, täglich ca. acht bis zehn Besitzer anzufahren. Oft behandle ich dann gleich zwei oder mehr Tiere. Während des Besuches geht viel Zeit für Fragen rund um Tier und Haltung drauf. Die Behandlung dauert somit deutlich länger, ist aber intensiver für Besitzer und Tier.

Verdienen Sie denn genauso viel – oder wäre eine stationäre Praxis lukrativer?

Eine feste Adresse wäre eindeutig lukrativer, da man mehr Patienten am Tag behandeln kann und die Besitzer eine permanante Anlaufstelle haben, wenn sie Medikamente für ihre Tiere benötigen. Außerdem kostet der Unterhalt meines Fahrzeugs natürlich einiges. Aber für mich überwiegen die Vorteile als mobile Tierärztin: Die Tiere sind in ihrer gewohnten Umgebung viel entspannter. Und ich schätze es sehr, dass ich bei meinen Fahrten über Land so viel lerne über meine Gegend, die Menschen und ihre Lebensgewohnheiten.

Was braucht man als mobiler Tierarzt für Genehmigungen?
Ist das genauso wie bei einer stationären Praxis?
 

Man braucht die gleichen Genehmigungen wie eine stationäre Praxis. Eine feste Adresse ist auch für mich Pflicht, weil unsere tierärztliche Tätigkeit mit einem festen Sitz gekoppelt sein muss. Wie meine mobile Praxis ausgestattet ist, kann ich aber selbst entscheiden. Das hängt ganz vom Leistungsspektrum ab, das man anbieten möchte.

Das heißt konkret?

Einige Kollegen fahren auch nur mit einem Pkw herum. Fertige Fahrzeuge gibt es nicht. Es gibt aber Anbieter, die sich auf die Einrichtung solcher Wagen spezialisiert haben. Nach oben hin sind dem Preis keine Grenzen gesetzt. Ich denke, unter 20.000 Euro bekommt man kein gutes Fahrzeug, auf das lange Verlass ist.

Sie haben sich auf Kleintiere spezialisiert….

Ja, bei den Kleintieren habe ich ein viel größeres medizinisches Spektrum der Versorgung. In der Großtierpraxis, zum Beispiel bei der Behandlung von Kühen, steht oft die Wirtschaftlichkeit im Vordergrund, das fände ich sehr frustrierend. Meine Patienten sind eher so etwas wie Familienmitglieder. Ist eine Behandlung positiv verlaufen, sind glückliche Besitzer und gesunde Haustiere eine tolle Belohnung für mich. Die dauerhafte Begleitung der Patienten und ihrer Besitzer bereitet mir große Freude.

Welche Momente im Alltag sind denn besonders einprägsam für Sie?
Vor allem die vielen älteren Leute, die zu Hause ihre Partner pflegen. Das finde ich beeindruckend und bedrückend zugleich. Natürlich gibt es auch bei den Tieren besondere Kandidaten: Zum Beispiel eine alte Katzendame, die bei mir in dauerhafter physiotherapeutischer Behandlung ist. Sie hatte sich irgendwie gemerkt, dass ich immer freitags komme und sich dann vor dem Termin versteckt. Seitdem uns das aufgefallen ist, variieren wir die Termine.

Haben Sie einen Tipp an angehende Veterinäre? Worauf sollten sie achten, zum Beispiel in der Weiterbildung? 

Jeder muss sein Interessengebiet finden und sich darin fortbilden. Nicht-Fachtierärzte müssen im Jahr 20 Fortbildungsstunden vorweisen können. Der Trend geht zur Spezialisierung, gerade sind zum Beispiel alternative Behandlungsmethoden sehr  gefragt. Ich persönlich finde auch die Balance zwischen Privatleben und Beruf sehr wichtig, um einen guten Job machen zu können. Im Rückblick würde ich eigentlich nichts anders machen: Durch meine Erfahrungen als Tierärztin habe ich zum Beispiel die Akupunktur und die Physiotherapie kennengelernt. Das sind Themen, die mich brennend interessieren und die ich weiter vertiefen möchte.