Famulatur in Ghana
Akwaaba! Das heißt Herzlich Willkommen. Und so fühlte sich Lena Schnepp (rechts im Bild) auch in den knapp sechs Wochen, die die 22-Jährige im Kwahu Hochland im Osten Ghanas verbrachte. Die ersten Tage arbeitete die Studentin der Humanmedizin in einer Tagesklinik, danach wechselte die Famulantin aus Regensburg in ein Krankenhaus, wo sie neben der täglichen Visite auch bei der Geburt von Zwillingen assistierte und in der Ambulanz tätig war. Im Interview berichtet Lena von ihren Erfahrungen und Eindrücken.
Wieso ausgerechnet Ghana?
Ich wollte unbedingt ins Ausland und bin bei meinen Recherchen auf You4Ghana gestoßen - eine Organisation, die mir nach meiner Mailanfrage ganz unkompliziert verschiedene Projekte in dem westafrikanischen Land anbot. Bei der Reisevorbereitung hat mir das Team auch sehr geholfen. Unsere Korrespondenz lief ganz formlos und auf Deutsch.
Hast du spezielle Papiere benötigt?
Der Organisation habe ich eine Immatrikulationsbescheinigung mit meiner Bewerbung geschickt und ein ausgefülltes Anmeldeformular. Darin habe ich angegeben, für welches Projekt ich mich interessiere und wie lange ich bleiben möchte. Ich konnte mir auch aussuchen, ob ich bei einer Gastfamilie wohnen möchte oder in einem Volunteer-Haus, in dem ausschließlich freiwillige Helfer untergebracht sind. Für die Einreise habe ich ein Visum benötigt. Bei der Beantragung war mir You4Ghana ebenfalls behilflich.
Wie hoch waren die Gesamtkosten für deine Auslandsfamulatur?
Der Flug lag bei rund 600 Euro. Für Unterkunft und Verpflegung habe ich pro Woche 80 Euro bezahlt. Die Organisation hat 250 Euro erhalten, wovon 100 Euro an das Krankenhaus gingen und ein Teil an Projekte, die die Organisation vor Ort betreut. Für den Transfer vom Flughafen nach Obo und zurück habe ich noch einmal 60 Euro bezahlt. Nach Beendigung der Famulatur bin ich zwei Wochen durchs Land gereist. Insgesamt hat mich mein Ghana-Aufenthalt knapp 2000 Euro gekostet.
Und jetzt zu deiner Praktikumszeit. Wo bist du eingesetzt worden?
In der ersten Woche habe ich in einer Tagesklinik gearbeitet. Dort war kein Arzt tätig, sondern nur Krankenschwestern, die nicht sonderlich gut ausgebildet waren. Es gab auch nur wenige Medikamente. Wenn die Patienten Englisch sprachen, habe ich sie selber versorgt, ansonsten haben die Krankenschwestern übersetzt. Am Anfang war ich unsicher, weil man für die rund 20 Patienten, die täglich kamen, mehr hätte tun können. Aber wir mussten mit den Mitteln auskommen, die vorhanden waren. Die meisten Patienten waren Malariafälle.
Wohin ging es anschließend?
Die folgenden drei Wochen war ich in einem größeren Krankenhaus tätig, das in der Nähe von Obo liegt. Es war weitaus fortschrittlicher als in der Tagesklinik. Mich hat zum Beispiel positiv überrascht, dass Ärzte unterschiedlicher Fachrichtungen dort tätig waren. Ich hatte angenommen, dass es dort keine differenzierten Ärzte gibt.
Wie sah dein Tagesablauf aus?
Die Visiten begannen morgens um 7.30 Uhr. Sie liefen ab wie bei uns auch. Ich habe hauptsächlich einen Arzt begleitet, Dr. Jonas Ahiabor. Danach habe ich in der Ambulanz geholfen oder an einer OP teilgenommen.
Gab es einen Fall, der dich besonders berührt hat?
Einmal wurde ein Arzt gerufen, um den Tod eines Patienten zu bestätigen. Ich hatte mich auf einen älteren Menschen eingestellt, aber es handelte sich um ein dreijähriges Kind, das an Malaria gestorben war. Das hat mich geschockt. Ein anderes Mal war ich bei einer Zwillingsgeburt dabei. Die beiden Kinder kamen gesund zur Welt und der Mutter ging es auch gut. Das wiederum war ein sehr schöner Moment.
Würdest du wieder eine Famulatur im Ausland machen - speziell in Afrika?
Oh ja, denn alle haben sich sehr über die freiwilligen Helfer gefreut. Ich habe zwar nicht so viel gelernt wie bei einer Famulatur in Deutschland. Dafür war es ungeheuer spannend mitzuerleben, wie in einem Land wie Ghana mit dem Thema Krankheit umgegangen wird. Es stehen so wenig Mittel und Medikamente zur Verfügung, dass viel improvisiert werden muss, beziehungsweise die medizinische Hilfe an ihre Grenzen stößt. Die Erfahrungen, die ich gesammelt habe, waren es in jedem Fall wert.
Welche Eindrücke hast du insgesamt mit nach Hause genommen?
Das Leben in Ghana ist so anders als bei uns. Vieles, was bei uns selbstverständlich ist wie fließend Heiß- und Kaltwasser oder eine konstante Stromversorgung, das gibt es dort einfach nicht. Aber trotzdem habe ich mich sorgenfreier gefühlt. Ich habe mir keine Gedanken mehr über Banalitäten gemacht. Wenn der Bus nicht pünktlich abfuhr, dann war das eben so. In Afrika lernt man, in kurzen Schritten zu denken. Das Heute ist entscheidend, nicht, was vielleicht in zwei Wochen sein könnte.
Wie hast du die Menschen empfunden, die du getroffen hast?
Der Großteil war unheimlich freundlich und aufgeschlossen. Egal, wohin ich auch kam, jeder hat sich gefreut und war hilfsbereit und sehr gastfreundlich. Dabei spielt sich der Alltag der Ghanaer hauptsächlich draußen und auf der Straße ab. Die Menschen machen viel gemeinsam. Eine Anonymität wie bei uns gibt es dort nicht.
Was hast du vom Land gesehen?
An den Wochenenden habe ich viele Ausflüge gemacht. Ich bin zu einem heiligen See gefahren, habe Wanderungen in den Bergen gemacht oder einfach nur im Garten gesessen. Am Ende der Famulatur bin ich noch zwei Wochen durchs Land gereist. Das war unheimlich schön.
Wenn du wieder nach Ghana reisen würdest, was würdest du mitnehmen?
Ich würde ganz viele Einmalhandschuhen einpacken und Desinfektionsmittel. Darüber haben sich die Mitarbeiter am meisten gefreut.