Galeniker - Die Erfinder von Arzneimitteln
Der Begriff Galenik geht auf den Arzt Galenus von Pergamon zurück, der als Begründer der Arzneiformenlehre gilt. Heute ist ein Galeniker ein pharmazeutischer Technologe - also jemand, der Arzneimittel zubereitet. Wir haben mit Galeniker Dr. Klaus Kreuschner über seinen beruflichen Werdegang gesprochen und warum die Galenik ihn bis heute begeistert. Weitere Infos zur Fachrichtung findest du in unserem Steckbrief.
Herr Dr. Kreuschner, warum Galenik? Was hat Sie dazu bewogen, diese Fachrichtung einzuschlagen?
Das damalige Pharmaziestudium war anders aufgebaut als heutzutage. Ich konnte neben dem Studium von Anfang an als Apothekerassistent arbeiten und habe Pillen gedreht, Zäpfchen gegossen, Kopfschmerzpulver gemischt und Pflaster hergestellt. Die Kombination aus Handwerklichkeit und wissenschaftlichem Know-how hat mir so viel Spaß bereitet, dass ich mehr über die Verarbeitung der Wirkstoffe und ihr Verhalten im Körper erfahren wollte.
Welche Erfahrungen haben Sie als Student in dieser Fachrichtung gesammelt?
Die pharmazeutische Technologie hat zu meiner Studienzeit erst richtig an Fahrt aufgenommen. Hinzu kamen die ersten Computerprogramme, mit denen wir Arzneimittelwirkungen vergleichen oder Modelle entwickeln konnten. Wir haben sogar Selbstversuche gemacht. Das war alles wahnsinnig aufregend und interessant. Ich habe einen Doktorandenplatz bei Prof. Dr. Karl-Heinz Frömming erhalten und mich dem Thema feste Lösungen gewidmet. Hier erwies sich die Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis des Physikers Prof. Dr. Rolf Hosemann aus dem Fritz-Haber-Institut als äußerst förderlich. Damals wurden viele Erfolge gefeiert, zum Beispiel beim Mischen von schwer löslichen Wirkstoffen mit gut löslichen Hilfsstoffen. Die Galenik wurde immer wissenschaftlicher. Ich bin dann Assistenzprofessor geworden. Der einzige Wermutstropfen war der erbitterte Konkurrenzkampf, der damals herrschte.
Welche Weiterbildungen haben Sie nach Ihrer Approbation absolviert?
Ich habe eine Weiterbildung zum Fachapotheker für öffentliches Pharmaziewesen gemacht und eine zweite Weiterbildung für Arzneimittelinformation.
Was ist anders verlaufen, als Sie es sich damals vorgestellt hatten?
Ursprünglich wollte ich in die pharmazeutische Industrie gehen und hatte auch schon ein Angebot aus Köln. Ich bin dann aber doch in Berlin geblieben und habe im Auftrag der Senatsverwaltung kontrolliert, ob Pharmaunternehmen bei der Produktion von Medikamenten die galenischen Regeln einhalten, EU-Normen berücksichtigen und sich an die international gültigen Dokumentationsvorschriften halten.
Gab es in Ihrer Laufbahn ein besonders einschneidendes Erlebnis, einen Schlüsselmoment?
Als ich für das Bundesgesundheitsamt tätig war, aus dem das heutige Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte kurz BFArM hervorgegangen ist, kam es infolge von HIV-verseuchten Blutpräparaten Mitte der Neunziger Jahre zu über 600 Toten. Ich sollte damals mit anderen Kollegen herausfinden, was genau passiert war. Auch hier war galenisches Wissen gefordert.
Was mich an meinem Beruf auch immer sehr gefesselt hat: Im Laufe meiner Tätigkeiten für Ministerien und nachgeordneten Behörden habe ich Einblicke in ganz besondere Produktionsabläufe erhalten, beispielsweise wenn radioaktive Pharmaka hergestellt wurden. Da gehören Wände aus Blei oder Panzerglas genau wie Schutzanzüge zur Tagesordnung.
Was sollte ein guter Galeniker mitbringen?
Als erfolgreicher Galeniker muss man sehr kreativ sein und um die ’Ecke’ denken können. Schließlich ist ein Galeniker verantwortlich für die Entwicklung neuer Arzneimittelformen, die Therapien verbessern. Ich denke dabei zum Beispiel an das Pflaster, das Morphin oder andere Opiate genau in der richtigen Dosis zum richtigen Zeitpunkt abgibt. Eine großartige galenische Verbesserung. Ein Galeniker muss sich auch überlegen, wie ein unangenehm riechender oder schmeckender Wirkstoff so verarbeitet wird, dass ihn z.B. auch Kinder einnehmen mögen. Das heißt, er benötigt ein großes wissenschaftliches Verständnis und Einfallsreichtum.
Welche Tipps geben Sie Pharmaziestudenten mit auf den Weg, die sich für Galenik interessieren?
Die Galenik bietet ungeheuer viele Möglichkeiten und sehr viel Abwechslung, von daher sollte man neuem gegenüber sehr aufgeschlossen sein und Freude am Entdecken haben. Hilfreich sind neben der fundierten Weiterbildung auch gute Computerkenntnisse. Noch besser ist es, wenn man selber programmieren kann.
Steckbrief Galeniker
Voraussetzungen
Galeniker haben in der Regel ein Pharmaziestudium absolviert und ihren Fachapotheker gemacht. Die Weiterbildung dauert berufsbegleitend in Vollzeit in der Regel drei Jahre. Ergänzend dazu müssen 120 Seminarstunden abgeleistet werden - teilweise sind es Pflichtkurse mit vorgeschriebener Stundenzahl, teilweise sind sie frei wählbar. Pharmazeutische Betriebe wünschen häufig eine Promotion bzw. ein Diplom. Teilweise sind auch Biologen, Chemiker oder Pharmaingenieure als Galeniker tätig.
Tätigkeit
Ob als Tablette, Zäpfchen oder Inhalat - ein Galeniker beschäftigt sich mit der Arzneimittelform von Wirkstoffen und deren Verhalten im Körper. Als pharmazeutischer Technologe ermittelt er, welche Zusammensetzung von Wirk- und Füllstoffen zu einem optimalen Behandlungsergebnis führen und ist darum bemüht, bestehende Arzneimittel zu verbessern.
Arbeitsprognose
Die Galenik bietet große Chancen - in der Industrie, Fachinstituten, Krankenkassen, Apothekerkammern, Hochschulen oder Behörden. Denn hochqualifizierte Fachkräfte sind in der forschenden Pharmaindustrie immer willkommen. „Die Firmen suchen an den Universitäten bereits nach Nachwuchs“, sagt Kreuschner. Auch Personen, die an Teilzeit interessiert sind, finden in diesem Bereich gute Angebote, ist sich Kreuschner sicher.
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