Krankenhausapotheker: Generalist zwischen Ärzten, Patienten und Medikamenten

Christopher Jürgens_Krankenhausapotheker
Christopher Jürgens in der Krankenhausapotheke
  • Beruf & Karriere
  • 28.08.2017

Krankenhausapotheker sind für die Arzneimittelversorgung und pharmazeutische Betreuung aller im Krankenhaus behandelten Patienten verantwortlich und leisten einen wichtigen Beitrag zur Sicherstellung der Arzneimitteltherapiesicherheit.

Krankenhausapotheker Christopher Jürgens ist Leiter der Arzneimittelherstellung in der Zentralapotheke der Medizinischen Hochschule Hannover. Wir haben mit dem Vizepräsidenten der Apothekerkammer Niedersachsen über seinen beruflichen Werdegang und die Begeisterung für seinen Beruf gesprochen. Weitere Infos zur Fachrichtung findest du im Steckbrief.

Herr Jürgens, warum haben Sie sich für klinische Pharmazie entschieden?
Als klinischer Pharmazeut wendet man genau das Wissen an, das man im Hauptstudium erwirbt. Man ist nah am Patienten dran und arbeitet bei der Arzneimitteltherapie eng mit den Ärzten zusammen. Es kommt häufig vor, dass die Ärzte sich Ratschläge von mir einholen. Diese Kooperation gefällt mir sehr gut.

Welche Erfahrungen haben Sie als Student im Bereich der Klinischen Pharmazie gesammelt?
Ich habe in Braunschweig Pharmazie studiert und gehörte zu einem der ersten Semester, die im Fach Klinische Pharmazie unterrichtet wurden. Die erste Hälfte meines PJ habe ich in einem Krankenhaus gearbeitet. Danach war ich mir sicher, dass diese Laufbahn genau die richtige für mich ist.

Ist etwas anders verlaufen, als Sie es sich damals vorgestellt hatten?
Überhaupt nicht. Ich habe für die Fachweiterbildung in unserer Apotheke einige Abteilungen durchlaufen. Der Fachbereich bietet mir eine große Vielfältigkeit und ist unglaublich spannend. Ich bin jetzt seit zehn Jahren in der klinischen Pharmazie tätig und in unserer Apotheke für die Herstellung von Arzneimitteln verantwortlich. Eines unserer Spezialgebiete ist die Onkologie, das heißt, wir stellen die Chemotherapien her. Die Therapien werden individuell auf den Patienten abgestimmt, z.B. unter Berücksichtigung von Körpergröße, Gewicht, Körperoberfläche und Organfunktion.

Gab es in Ihrer Laufbahn ein besonders einschneidendes Erlebnis, einen Schlüsselmoment?
Wir haben bei einem besonderen Projekt Kinderkrebspatienten und deren Arzneimitteltherapie vom stationären in den ambulanten Bereich begleitet. Das war eine emotionale Herausforderung. In dieser Zeit habe ich auch viel über mich selbst gelernt.

Was sollte ein guter Krankenhausapotheker mitbringen?
Neben einer guten Ausbildung sollte er neugierig sein und sich etwas zutrauen. Ich beobachte immer wieder, dass PhiP oftmals eine Hemmschwelle haben, zu den Arztvisiten zu gehen. Außerdem empfehle ich jedem neuen Kollegen, die Weiterbildung zum Fachapotheker für Klinische Pharmazie zu machen, damit ist man gut gerüstet für den Klinikalltag. Ein Krankenhausapotheker sollte auch technisch interessiert sein. Unsere Apotheke wird zum Beispiel gerade technologisch aufgerüstet. Hier sind Kompetenzen gefragt, die man sich im Studium nicht aneignet.

Was raten Sie Pharmaziestudenten, die ihr PJ in einer Krankenhausapotheke absolvieren möchten?
Sie sollten sich frühzeitig überlegen, ob sie in eine Uniklinik oder eher in ein kleines Krankenhaus gehen möchten. Bei beiden sind die Wartelisten oftmals lang. Von daher empfehle ich, dort anzurufen oder direkt hinzugehen. Das ist immer der einfachste Weg.

Welche beruflichen Ziele verfolgen Sie aktuell?
Ich beende gerade meine Promotion und werde in jedem Fall im Krankenhaus weiter tätig bleiben. Der Beruf macht mir viel Spaß und gibt mir darüber hinaus die Möglichkeit, mich in der Apothekerkammer ehrenamtlich für unseren Berufsstand zu engagieren. Dort bin ich u.a. für die Nachwuchsförderung zuständig und für Fragen zu Krankenhausangelegenheiten wie Einführung von Stationsapothekern oder sektorübergreifende Arzneimitteltherapie.

 

Steckbrief Krankenhausapotheker

Weiterbildungszeit
Die Weiterbildungszeit dauert in der Regel drei Jahre. Die Ausbildungen sind nicht bundeseinheitlich geregelt, sondern werden durch die Landesapothekerkammern organisiert. Es gibt inzwischen jedoch bundesweit gültige Standards. Die Weiterbildung endet mit einer Prüfung.

Mehr Informationen gibt es bei der zuständigen Apothekerkammer. Dort erhält man die erforderlichen Informationen und Hinweise, welche Regeln der Weiterbildungsordnung zu beachten sind.

Tätigkeit
Zu den Aufgaben des Krankenhausapothekers gehören u.a. die Arzneimittelherstellung sowie das Beschaffungsmanagement von Medikamenten und die Dokumentation von unerwünschten Arzneimittelwirkungen. Auf Station berät er weiterhin Ärzte, Patienten und das Pflegepersonal bei medikationsbezogenen Fragen.

Berufsaussichten
Jürgen Bieberstein, Geschäftsführer ADKA: "In der ADKA haben wir zur Zeit 380 Krankenhausvollapotheken mit ca. 2.300 Krankenhausapothekern. In den vergangenen drei Jahren haben wir bereits einen Zuwachs von ca. 10 Prozent an Apothekerstellen verzeichnet. Die Gründe dafür sind u.a. die einsetzende Digitalisierung und die damit verbundenen Mehraufgaben der Krankenhausapotheke."

Bieberstein ergänzt, dass sich die Aufgaben der Krankenhausapotheke auf den Stationen künftig erweitern würden - dies vor allem im Rahmen der Patientensicherheit und durch eine ständig zu verbessernde Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS). Hier werde die Erstellung eines verpflichtenden Medikationsplans bei der Entlassung aus dem Krankenhaus das pharmazeutische Verständnis in den Kliniken weiter fordern. 

"Verglichen mit anderen europäischen Ländern haben wir in Deutschland noch einen deutlichen Nachholbedarf. Die zunehmende Individualisierung der Medizin u.a. durch Biomarkerdiagnostik wird in den nächsten Jahren zu einer erheblichen Zunahme von in der Krankenhausapotheke patientenindividuell hergestellter Medikation führen. Durch die angestrebte und notwendige Digitalisierung im Krankenhaus wird die Krankenhausapotheke in Zukunft die Patientendaten mit pharmazeutischem Fachblick analysieren können und damit die Ärzte bei der Einschätzung der Verordnungen weit mehr unterstützen können, als dies heute der Fall ist. Der Beruf des Krankenhausapothekers wird sich daher sowohl in der Zahl der benötigten Apotheker als auch in seiner Qualifikation und der Vielfältigkeit der Aufgaben weiter verändern," so der Geschäftsführer der ADKA.

Weitere Informationen
www.adka.de
www.abda.de