Medizinstudium in Deutschland - Entwicklungshilfe in Afrika

Unterricht Magbenteh_L'appel
  • Leben & Finanzen
  • 15.08.2017

Medizinstudent Christoph Lüdemann ist Mitgründer von L'appel und engagiert sich für Entwicklungshilfe in Afrika. Der Spagat zwischen zwei Kontinenten begann für ihn kurz nach dem Abi.

"Ich saß mit einem Schulfreund zusammen und wir hatten plötzlich das Gefühl, dass wir in unserem Leben etwas zurückgeben wollen", erinnert sich der heute 30-jährige Medizinstudent. Zunächst einmal eine vage Idee. Zufällig lernten die beiden Freunde in dieser Zeit Pascal kennen, einen ruandischen Studenten. "Gemeinsam mit ihm haben wir sein Heimatland bereist, kennengelernt und erkundet". Nach mehreren Besuchen in Ruanda und unzähligen Gesprächen mit den Menschen vor Ort wurde schnell klar, dass die Freunde genau hier anpacken und mithelfen wollten.

Eine Krankenstation für Ruanda - die Gründung von L'appel

"Aus unseren Gesprächen vor Ort, haben wir erfahren, dass in der Region Kiruhura eine Krankenstation fehlte. Wir haben diesen Appell aus der Bevölkerung mit nach Hause genommen, in Deutschland im Sommer 2013 den Verein L'appel gegründet und uns an die Umsetzung gemacht. Im Nachhinein betrachtet war das natürlich ein enormes und sehr ambitioniertes Projekt", berichtet Christoph.

Doch nach mehr als zwei Jahren Arbeit steht heute in Kiruhura eine Krankenstation, die Anlaufpunkt für rund 3.500 Menschen in der Region ist. Aus etwas sehr Privatem hat sich etwas sehr Großes entwickelt; aus einer vagen Idee ist ein infrastrukturelles Großprojekt geworden.

Eine Boarding School in Sierra Leona - mit Hilfe von Band Aid

L'appel ist heute nicht nur in Ruanda, sondern auch in Sierra Leone aktiv. Auch dieses Engagement in der Region Magbenteh entstand eher zufällig. "Ein Freund von mir hat zum Zeitpunkt der Ebola-Epidemie ein Blockpraktikum in Tropenmedizin in Sierra Leone absolviert. Als die Epidemie ausbrach, hat er zusammen mit zwei Kommilitonen und Mitarbeitern internationaler Hilfsorganisationen eine provisorische Isolationsstation aus Holz und Planen errichtet, die gerade noch rechtzeitig fertig geworden ist, um die ersten Infizierten aufzunehmen."

Durch dieses - wenn auch improvisierte - Engagement vor Ort ergaben sich Kontakte zu Band Aid sowie Campino von den Toten Hosen. "Für den weiteren Verlauf unseres Engagements waren die Kontakte wahnsinnig wertvoll", berichtet Christoph. Denn nach dem Ende der Epidemie fand in der Region kaum noch Schulunterricht statt. Ein Großteil der Lehrer hatte das Land verlassen. Für L'appel war das der Anstoß, das nächste große Projekt anzugehen: eine Grundschule in Magbenteh mit Schlafstätten und Betreuungsmöglichkeiten. "Band Aid haben uns dabei unterstützt, indem sie mithilfe der Einnahmen aus dem Plattenverkauf von 'Do they know it's Christmas time' den Bau des Schulgebäudes finanziert haben."
 

Eindrücke aus Magbenteh

Du möchtest die Arbeit von L'appel finanziell unterstützen? Hier geht es zur Spendenseite für L'appel.

Viel Zeit für L'appel - aufwendig, aber sinnvoll

Derartige Großprojekte stemmen die inzwischen 32 Mitglieder von L'appel natürlich nicht einfach so nebenbei. "Wir sind alle ehrenamtlich tätig. Aber der Zeitaufwand ist schon enorm. In manchen Phasen habe ich 35 bis 40 Stunden pro Woche für L'appel investiert", erklärt der Medizinstudent und ergänzt: "Aktuell ist das aber nicht möglich. Ich mache gerade mein PJ - da bleibt natürlich nur abends nach der Klinik noch Zeit für die Arbeit. Und das auch nur arg reduziert."

Rückschläge kompensieren - Unterstützer finden

Trotzdem ist die Liste an Projekten, die L'appel in Ruanda und Sierra Leone vorantreibt, ungebrochen lang - von Ausbildungs- und Gesundheitsprogrammen bis hin zu Woman-Empowerment-Aktionen.

Jedoch: Nicht immer läuft alles wie geplant. In Sierra Leone etwa hat das schwierige wirtschaftliche und politische Umfeld dazu geführt, dass die Partnerorganisation, die für den Betrieb der Magbenteh Boarding School verantwortlich ist, zwei große Geldgeber verloren hat. "Da waren wir schon etwas unter Druck", erinnert sich Christoph. "Schließlich will man sein Projekt nicht aufgeben." Unter Hochdruck suchten er und seine Mitstreiter nach neuen Unterstützern und wurden fündig: Mithilfe der apoBank-Stiftung und weiteren privaten Geldgebern wurde der Ausfall kompensiert. "Es ist ein toller Erfolg, dass wir neue Spender gefunden haben und die Schülerinnen und Schüler im Juli ihr erstes Schuljahr erfolgreich abschließen konnten."

Wenn aus einer Idee etwas Großes wird

Trotz diverser Hindernisse: Motivation zieht der 30-Jährige aus seiner Arbeit für L'appel allemal: "Wenn man sieht, dass unsere naive Idee von 'wir gründen was', die wir nach dem Abi hatten, tatsächlich funktioniert und dass die Menschen begeistert sind, uns ihre Zeit schenken, mitmachen und uns unterstützen, dann ist das ein tolles Gefühl."

Lohnend ist der Aufwand auch für ihn persönlich. "Die Arbeit für L'appel gibt mir mehr als jedes Praktikum es je könnte", ist sich der Kölner sicher. Etwas wehmütig schaut der Medizinstudent deshalb auch in die Zukunft. Denn im Herbst steht der Eintritt ins Berufsleben an - und die Arbeit für L'appel wird wohl oder übel etwas in den Hintergrund treten müssen. "Ich weiß noch nicht, wohin es mich beruflich zieht. Sicher ist aber, dass ich bei L'appel an Bord bleibe - wenn auch mit weniger Zeit. Denn Ideen, was wir noch alles in Magbenteh und Kiruhura bewegen können, gibt es genug."
 

Über L'appel
"Jeder hat einen Appell - wir hören zu" - das ist das Motto, dem sich L'appel verschrieben hat. Hierzu reisen die Teammitglieder regelmäßig nach Ruanda und Sierra Leone, sprechen mit den Menschen vor Ort über deren Bedürfnisse und entwickeln gemeinsam mit ihnen Lösungen für die bestehenden Probleme.

Die Projekte von L'appel befassen sich mit den Schwerpunktbereichen Bildung und Gesundheit. Weitere Informationen zur Arbeit von L'appel findest du hier.