Pharmazie: Promotion ohne Risiken und Nebenwirkungen?

Doktor Pharmazie Pro Contra
  • Beruf & Karriere
  • 28.09.2017

Wenn du Pharmazie studierst, dann stehen dir nach einem erfolgreich abgeschlossenen Studium viele Karrierewege offen. In der öffentlichen Apotheke, im Krankenhaus, in der Verwaltung, bei der Bundeswehr oder in der freien Wirtschaft. Du kannst dein zweites Staatsexamen aber noch mit einer Krone schmücken: Du promovierst!

Eines sollte dir bei dieser Herausforderung klar sein: Bis du deinen "Dr. rer. nat." in der Kitteltasche hast, kann es einige Zeit dauern - oft zwischen drei und fünf Jahre. Eine lange Zeit. Aber der Weg lohnt sich und kann für deine spätere Berufslaufbahn Gold wert sein! Insbesondere in der Industrie hat der Doktortitel einen entscheidenden Einfluss auf deine Karriereentwicklung. Mit einer Promotion hast du hier klare Vorteile in Sachen Gehalt und Einstiegsposition.

Warum das so ist und welche "Risiken und Nebenwirkungen" das Verfassen einer Dissertation mit sich bringt, erklärt Dr. rer. nat. Ursula Sellerberg, Apothekerin und stellvertretene Pressesprecherin der ABDA - Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, in einem Interview.

Viele Pharmazie-Studierende fragen sich, ob sie nach dem dritten Staatsexamen promovieren sollen. Was sind die Vorteile?
Wem das Studium gut gefallen und wer gute Leistungen erzielt hat, der sollte über eine Promotion nachdenken. Der Vorteil ist, dass man eigenständiges, wissenschaftliches Arbeiten lernt. Man vertieft sich bis ins letzte Detail in eine ganz klar umrissene Fragestellung und setzt sich intensiv mit ihr auseinander. Man geht damit weit über das hinaus, was in Lehrbüchern zu finden ist. Das ist eine wichtige Qualifikation, die sich in der späteren Berufslaufbahn immer wieder anwenden lässt.

Aber eine Promotion hat doch sicherlich auch "Risiken und Nebenwirkungen"?
Der Nachteil einer Promotion ist, dass sie eine lange Zeit in Anspruch nimmt. Sie dauert in der Regel zwischen drei bis fünf Jahren. Das heißt - je nach Fachgebiet - stundenlang im Labor stehen oder Statistiken auswerten und abends noch Literaturquellen lesen, die meistens nur in englischer Sprache verfasst sind. Wenn einem das keinen Spaß bringt, dann ist es eine Quälerei und bringt überhaupt nichts.

Haben Sie neben Ihrer Promotion gearbeitet? Oder ist das nicht zu schaffen?
Die meisten Doktoranden sind an der Universität angestellt, oder sie haben ein Stipendium und haben dadurch die Möglichkeit, sich den ganzen Tag der Lehre und Forschung zu widmen. Das gilt natürlich auch für die Wochenenden oder in den Semesterferien. Die wenigsten Doktoranden schaffen es, die Promotion neben einer vollen Berufstätigkeit zu absolvieren. Das sind wirklich die Ausnahmen. Natürlich hängt es auch vom Dissertationsthema ab. Es macht schon einen Unterschied, ob man eine reine Literaturarbeit schreibt oder mit großem Zeitaufwand wissenschaftliche Experimente im Labor ausführt.

Angenommen, ich möchte später eine eigene Apotheke führen. Nehmen die Patienten dann überhaupt wahr, ob ich einen Doktortitel habe oder nicht?
Vermutlich werden die meisten Patienten das schon zur Kenntnis nehmen und denken 'Oh, der Herr Doktor' oder 'Oh, die Frau Doktor'. Wenn Patienten sehen, dass man einen Doktortitel hat, glauben übrigens immer noch viele von ihnen, dass ein Arzt vor ihnen steht. Die meisten Doktores sind nun mal Humanmediziner. Die Akzeptanz der Patienten hängt natürlich nicht allein vom Doktortitel ab, sondern es kommt genauso darauf an, was einen als Menschen auszeichnet und wie man mit seinen Patienten umgeht.

Sind die Chancen auf mehr Gehalt eigentlich größer mit einer Promotion?
Wenn man in der öffentlichen Apotheke arbeitet, dann werden die Pharmazeuten in der Regel nach Tarif bezahlt und innerhalb dieser Tarifverträge wird nicht nach Doktortitel unterschieden. Da geht es nur nach Berufsjahren. Aber es gibt für Apotheker auch die Möglichkeit, in der Industrie oder im Krankenhaus zu arbeiten, und da hängt es natürlich vom persönlichen Verhandlungsgeschick ab, ob man den Doktortitel in bare Münze umwandeln kann.

Also steigert eine Promotion den eigenen Marktwert!
Wenn man einen Berufseinstieg in der pharmazeutischen Industrie plant, dann ist ein Doktortitel auf jeden Fall ein Pluspunkt! Das gilt vor allem dann, wenn ich in einem Bereich promoviert habe, den ich in meiner Berufspraxis eins zu eins umsetzen kann. Habe ich also über die Tablettenherstellung an einem bestimmten Beispiel promoviert und fange bei einem Unternehmen an, das sich genau darauf spezialisiert hat, dann ist mein Wissen dort gefragt und ich bin bereits eingearbeitet. Dadurch steigt die Chance auf ein höheres Einstiegsgehalt.

Was würden Sie jungen Studierenden, die noch nicht sicher sind, ob sie promovieren sollen, mit auf den Weg geben?
Was will ich mit der Promotion erreichen? In welchem Bereich sehe ich meine berufliche Zukunft? Diese zentralen Fragen sollten zunächst beantwortet werden. Eine Promotion dauert immerhin mehrere Jahre. Wissenschaftlich zu arbeiten muss Freude bereiten und den eigenen Interessen dienen! Es sollte nicht im Vordergrund stehen, dass man später ein paar Buchstaben mehr auf der Visitenkarte stehen hat. Wenn es nur um die Fortbildung geht, dann gibt es viele Angebote, mit deren Hilfe man sich auch ohne Promotion spezialisieren kann.