Praktikum im Paradies: Der Bohrer kommt mit
Ein Praktikum im Ausland zu absolvieren ist in vielen Studienfächern längst zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Auch Studierende der Zahnmedizin haben die Chance, ihr Können in einem anderen Land zu vertiefen. Doch 99 Prozent von ihnen nutzen diese Möglichkeit nicht. Christina Wingartz dagegen kann die Zeit ihrer Famulatur kaum noch erwarten.
Im August fliegt die 22-Jährige auf die rund 16.600 Kilometer entfernten Cookinseln. Fünf Wochen lang arbeitet die Studentin, die im 8. Semester Zahnmedizin an der Medizinischen Hochschule Hannover studiert, in einem Medical Center im Südseeparadies. Warum sich die 22-Jährige für eine Famulatur am anderen Ende der Welt entschieden hat und wie sie sich auf ihren Auslandseinsatz vorbereitet, verrät sie im Interview.
Christina, nur noch wenige Wochen, dann beginnt dein großes Abenteuer auf den Cookinseln. Wie hast du im pazifischen Inselparadies einen Praktikumsplatz gefunden?
Für mich stand bereits im dritten Semester fest, dass ich unbedingt meine Famulatur im Ausland absolvieren möchte. Und das möglichst weit weg! Im Juni letzten Jahres habe ich dann begonnen, mich intensiv mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Der Zahnmedizinische Austauschdienst war mir dabei eine große Hilfe. Der ZAD hat eine Liste zusammengestellt, auf der weltweit alle Famulatur-Anschriften von Universitäten und Kliniken verzeichnet sind.
Wo hast du dich überall beworben?
Meine Bewerbungsunterlagen habe ich per E-Mail in rund 20 verschiedene Länder geschickt. Es hat dann ungefähr anderthalb Monate gedauert, bis die ersten Antworten eingegangen sind. Ende August habe ich dann bereits eine feste Zusage von den Cookinseln erhalten. Eine positive Rückmeldung gab es übrigens auch aus Nepal, Tonga und von den Seychellen.
Weißt du schon, was dich während der Famulatur auf den Cookinseln erwartet?
Welche Aufgaben ich zu meistern habe, weiß ich es noch nicht genau. Ein ehemaliger Kommilitone, der dort ebenfalls seine Famulatur absolviert hat, konnte mir aber bereits einige Informationen geben. Neben der Tätigkeit im Medical Center auf der Hauptinsel Rarotonga und der zahnärztlichen Behandlung in Schulen, fliegen die Praktikanten beispielsweise auch auf die Nachbarinseln, um die Patienten zu versorgen. Es wird auf jeden Fall spannend!
Was versprichst du dir von deiner Famulatur?
Ich möchte auf jeden Fall mehr Routine in der praktischen Arbeit dazugewinnen. Es werden mit Sicherheit Situationen auftreten, die neu für mich sich und die ich selbstständig bewältigen muss. Fünf Wochen lang auf sich allein gestellt zu sein, ist etwas anderes, als fünf Wochen lang unter Aufsicht der Professoren an der Uni am Patienten zu arbeiten. Während der Famulatur auf den Cookinseln muss ich eigenverantwortlich Entscheidungen treffen. Das schult mich für meine spätere Tätigkeit als Zahnärztin.
Haben die Professoren dich bei den Bewerbungen unterstützt?
Ja, auf jeden Fall! Ein wichtiger Bestandteil der Bewerbung ist ein Empfehlungsschreiben. Mein Professor hat mir dieses sehr gerne ausgestellt. Überhaupt denke ich, dass es die Professoren zu schätzen wissen, wenn man seine praktischen Kenntnisse und Fähigkeiten während der Famulatur vertieft und neue Erfahrungen sammelt.
Trotz der vielen Vorteile, die das freiwillige Praktikum bieten, entscheiden sich nur wenig Zahnmedizinstudenten für eine Famulatur. Woran liegt das?
Meine Kommilitonin, die sich ebenfalls erfolgreich um eine Famulatur auf den Cookinseln beworben hat, und ich sind tatsächlich die einzigen aus unserem Jahrgang, die ein Praktikum im Ausland absolvieren. Ich denke, dass sich viele aus finanziellen Gründen dagegen entscheiden. Vielleicht ist es ihnen aber auch mit zu viel Aufwand verbunden, das Ganze zu organisieren. Dabei war das überhaupt nicht schwer. Sie wissen nur zu wenig darüber. Das möchte ich gerne ändern. Deshalb habe ich im Rahmen einer Fachschaftsveranstaltung auch einen Famulatur-Abend ins Leben gerufen. Ehemalige Zahnmedizinstudenten werden dann über ihre Auslandserfahrungen berichten.
Während der Famulatur erhältst du kein Geld. Gibt es dennoch die Chance auf eine finanzielle Unterstützung?
Es besteht die Möglichkeit, sich beim Deutschen Akademischen Austauschdienst um eine finanzielle Förderung zu bewerben. Da ich mich jedoch nicht darauf verlassen möchte, habe ich in den letzten Semestern Nachhilfe gegeben und als Tutorin an der Medizinischen Hochschule gearbeitet und mir so ein finanzielles Polster angespart. Im Moment bin ich noch auf der Suche nach Sponsoren, die mich mit medizinischen Materialien unterstützen.
Du reist mit einem Bohrer im Gepäck?
So ungefähr! Die Zahnärzte im Ausland sind oft nicht so gut ausgestattet wie wir in Deutschland. Deshalb sind Materialien wie Handschuhe, Bohrer oder Medikamente immer gern gesehen.
Hast du auch ein Mittel gegen Heimweh dabei?
Ich glaube nicht, dass ich das brauche. Dafür lerne ich viel zu gerne neue Kulturen und andere Menschen kennen. Für Heimweh ist kein Platz in meinem Koffer!