Selbst und ständig

Immer auf Tour: In ihrem ersten Geschäftsjahr stellten die Gründer Karl Hartmann (links) und Dr. Konstantin Altrichter ihr Produkt bei mehreren Messen vor, hier auf der Medica 2018 in Düsseldorf. Foto: BioCon Valley GmbH/Kotowski
  • Beruf & Karriere
  • 27.02.2019

Vor einem Jahr gründete Konstantin Altrichter mit einem Freund das Startup Daisygrip (hier die Story auf ScrubsMag). Mit ihrem neuartigen Venenstauer überzeugten die Jungunternehmer in der TV-Show „Die Höhle der Löwen“ einen prominenten Investor. Was ist aus dem Deal geworden? Und wie erlebt ein junger Arzt das Dasein als Geschäftsmann? 

An einem Freitagnachmittag im März 2018 bekam Konstantin Altrichter einen Anruf, mit dem er fast nicht mehr gerechnet hätte. Es war die Produktionsfirma der TV-Sendung Die Höhle der Löwen. Die Unternehmer hatten sich Monate zuvor beworben – und jetzt musste alles ganz schnell gehen. Schon am folgenden Montag um sechs Uhr früh sollte Konstantin mit seinem Geschäftspartner Karl Hartmann am Set erscheinen. Das war an sich schon sportlich, doch damit nicht genug: Karl musste dafür seinen Urlaub in Australien abbrechen. „Dass ich überhaupt noch rechtzeitig angekommen bin, lag nur daran, dass sich die Erde in die richtige Richtung dreht“, scherzt der Wirtschaftsingenieur.

Kein frisches Kapital, aber viel Publicity

Der Stress schien sich auszuzahlen, denn das Schaulaufen vor den Investoren lief gut. Carsten Maschmeyer wollte einsteigen und dem Unternehmen Daisygrip Geld für die Expansion geben. Daraus geworden ist jedoch nichts. „Die nachfolgenden Verhandlungen waren sehr freundlich, haben sich aber zu lange gezogen. Mit unserem kleinen Unternehmen hatten wir anfangs nicht die höchste Priorität, was auch verständlich ist“, erzählt Konstantin. Ein halbes Jahr lang geduldeten sich die Gründer, bis sie dem „Löwen“ endgültig absagten.

Um ihr Geschäft voranzubringen, nahmen sie bei Freunden und Verwandten Privatdarlehen auf. Zusätzlich zehren sie von Fördermitteln, die sie bei verschiedenen Gründerwettbewerben gewonnen haben. Der TV-Auftritt hat sich trotzdem gelohnt: Etliche Kliniken, Praxen und Händler für Medizinprodukte baten um Angebote. „Mit so einem Ansturm hatten wir nicht gerechnet“, so der 26-jährige Mediziner. Die Kunden bestellten von heute auf morgen etwa dreimal so viele Venenstauer, wie das Startup kurzfristig liefern konnte.
 

Wie alles begann

Auf die Idee zu Daisygrip kam Dr. Konstantin Altrichter 2016 während seines Praktischen Jahrs: Herkömmliche Venenstauer lassen sich im hektischen Klinikalltag nicht ausreichend desinfizieren. Über die Baumwollbänder können sich gefährliche Erreger verbreiten. Dagegen besitzt Daisygrip eine glatte Oberfläche aus Kunststoff, die sehr einfach mit Desinfektionsmittel zu reinigen ist.

Daisygrip wird in Mecklenburg-Vorpommern in einer Behindertenwerkstatt gefertigt, die sich unter anderem auf Medizinprodukte spezialisiert hat. Den Gründern ist wichtig, die Produktion in der Nähe zu haben, um bei Schwierigkeiten schnell vor Ort sein zu können. Doch der anfängliche Lieferengpass ließ sich nur mit der Do-it-yourself-Methode beheben. In Wochenendschichten bauten die Chefs selbst Hunderte Venenstauer zusammen. Von September bis zum Jahresende 2018 lieferte das Unternehmen um die 5.000 Stück aus. Inzwischen hat die Behindertenwerkstatt ihre Kapazitäten erweitert – und für die Inhaber hat das Basteln ein Ende. Die Chancen stehen gut, dass sich Daisygrip schon im Herbst aus den laufenden Einnahmen finanziert.   

Business-Leben in vollen Zügen

Der Spruch, dass man als Geschäftsmann „selbst und ständig“ gefragt ist, trifft auf Konstantin Altrichter und Karl Hartmann vollkommen zu. Ob es darum geht, einen Spediteur auszuwählen, Interessenten mit Mustern zu versorgen oder sich auf Fachmessen und Kongressen den Mund trocken zu reden: Die Gründer sind dauernd auf Tour, die Züge der Deutschen Bahn ihr zweites Zuhause und mobiles Büro.

Zunächst wollen sie vor allem in Deutschland, Österreich und der Schweiz Kunden gewinnen. Seit dem Auftritt in der Höhle der Löwen ist Daisygrip auch in den deutschsprachigen Nachbarländern vielen ein Begriff, die Zahl der Anfragen von dort wächst. Im Lauf von 2019 will die Firma zudem nach Skandinavien, in die Niederlande und nach England expandieren. Vorrangig besuchen Karl und Konstantin die Kliniken und Händler, die bereits Interesse gezeigt haben. Das Verkaufen ist meist eine schnelle Angelegenheit: „Das Problem, das wir lösen, liegt für Profis auf der Hand“, sagt Karl. „Bei einem Termin an einer Uniklinik zum Beispiel hat der Kunde nur eine einzige Frage gestellt: Warum sind wir nicht selbst darauf gekommen?“

Eines fehlt dann doch

Mit den Unikliniken in Rostock und Hamburg ist der Kontakt besonders eng. An beiden Hochschulen wird gerade eine klinische Studie geplant: Sie soll zeigen, wie Daisygrip die Krankenhaushygiene verbessert. Im Lauf des Jahres will das Startup weitere Produkte entwickeln, mit denen sich Klinikkeime besser in Schach halten lassen – Genaues wollen die Unternehmer noch nicht verraten.

Bei allem Stolz auf die ersten Erfolge vermisst der Ideengeber Konstantin eine Sache aber doch: selbst als Arzt zu arbeiten. „Ich bin sehr dankbar, dass ich die Chance habe, mein eigenes Unternehmen aufzubauen. Mir fehlt aber der Patientenkontakt und die Teamarbeit auf der Station“. Wenn die Firma läuft, will er wieder in den weißen Kittel schlüpfen, vielleicht schon Ende des Jahres in Teilzeit. „Die nötigen Berufsjahre bis zum Facharzt mache ich auf jeden Fall. Das ist für mich ein Muss.“