Vorsorge für den Haftungsfall
Blut entnehmen, Injektionen setzen, Medikamente austeilen oder unkomplizierte Wunden versorgen: All dies sind ärztliche Tätigkeiten, die PJler übernehmen dürfen, sofern sie dazu qualifiziert sind und entsprechend angeleitet wurden. Was viele unterschätzen: Geht bei der Versorgung des Patienten etwas schief, kann es zu rechtlichen Konsequenzen kommen, denn Medizinstudierende sind nach dem Gesetz persönlich für ihr Handeln haftbar! Wir erklären dir, wie du dich für den Fall der Fälle absicherst.
Wenn es um wichtige Entscheidungshilfen auf dem Weg zum beruflichen Erfolg geht, dann hat Sonja Wilde stets eine Lösung parat. Das gilt auch in Sachen Haftungsfragen. "Ich rate meinen Kunden immer, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen, bevor sie ins PJ gehen", erklärt die Studentenberaterin bei der apoBank. Und das hat einen wichtigen Grund: "Unabhängig davon, wie sorgsam man arbeitet, es kann immer etwas schief gehen. Und für diesen Fall sollte man gewappnet sein." Wie wichtig es ist, dass du dich rechtzeitig vor Haftungsrisiken schützt, zeigen dir zwei aktuelle Gerichtsurteile.
Fatale Fehlentscheidung
Eine Medizinstudentin im Praktischen Jahr hatte einer frisch operierten Patientin während einer Nachtwache versehentlich ein Narkosemittel verabreicht. Die Frau fiel daraufhin in ein Wachkoma. Neben dem leitenden Arzt wurde die Studentin in einem zivilgerichtlichen Prozess für den fatalen Ausgang verantwortlich gemacht und zum Schadensersatz in Höhe von 800.000 Euro verurteilt. (Landgericht Mainz, Aktenzeichen 2 O 266/11, Urteil vom 09.04.2014)
Strafrechtliche Folgen
Studierende können aber auch strafrechtlich verfolgt werden. Ein Beispiel: Ein Medizinstudent hatte während seines Praktischen Jahrs einem Säugling ein Medikament gespritzt, das oral zu verabreichen gewesen wäre. Ursprünglich sollte der PJler nur eine Blutprobe entnehmen. Als eine Pflegekraft eine Spritze brachte, nahm er jedoch fälschlicherweise an, dass er dem Säugling auch das Medikament geben sollte. Der zehn Monate alte Junge erlitt einen allergischen Schock und starb. In einem Strafgerichtsverfahren wurde der Student wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe verurteilt. (Landgericht Bielefeld, Aktenzeichen 011 Ns-16 Js 279/11-11/13, Urteil vom 14.08.2013).
Versicherungslücken im PJ vermeiden
Um sich gegen Schadenersatzansprüche oder Strafverfahren zu schützen, ist es ganz wichtig, dass entsprechende Versicherungen für dich bestehen. "PJler sollten prüfen, ob sie über das Krankenhaus versichert sind, und sich bei Zweifeln den Umfang der Versicherung vom Krankenhaus bestätigen lassen. Oft ist dann aber trotzdem eine eigene Versicherung sinnvoll, vor allem wegen des Strafrechtsschutzes und wegen der Zusatzleistungen. Ich würde mich hier beraten lassen", sagt Patrick Weidinger, Rechtsanwalt bei der Deutschen Ärzteversicherung.
PJ-Haftpflichtversicherung lohnt sich
Fehlt über das Lehrkrankenhaus ein entsprechender Versicherungsschutz, ist eine spezielle PJ-Haftpflichtversicherung sinnvoll. Sie bietet dir Schutz, wenn:
- keine Betriebshaftpflichtversicherung des Lehrkrankenhauses besteht
- ein Wechsel des Lehrkrankenhauses zu einem Wegfall einer Betriebshaftpflicht führt
- ein Strafverfahren eingeleitet wurde
- die Schadenbearbeitung durch spezialisierte Juristen des Versicherers erfolgen soll
Dies sind alles Leistungen, die du bei einer Privathaftpflichtversicherung - z.B. wenn du noch bei den Eltern mitversichert bist - in der Regel nicht hast.
Kostenfreie Berufshaftpflicht für Mitglieder von Berufsverbänden
Hier bietet dir die Deutsche Ärzteversicherung nicht nur bedarfsgerechten Versicherungsschutz, sondern in der Regel auch viele zusätzliche Leistungen. Gut zu wissen: "Wer Mitglied im Hartmannbund oder im Marburger Bund ist, für den übernehmen die Verbände die Versicherungsbeiträge", erklärt apoBank-Beraterin Sonja Wilde.
Die beste Vorsorge: Eigene Grenzen im PJ kennen - Einarbeitung einfordern
Neben dem Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung rät Patrick Weidinger allen Studierenden im PJ: "Grundsätzlich sollte man Sorge tragen, dass erst gar nichts passiert. Dazu gehört: aktiv Einarbeitung und Ausbildung einfordern und bei Unklarheiten oder Unsicherheiten nachfragen." Außerdem solle man das Notfallprozedere kennen und erreichbare Ansprechpartner haben. "Besonders wichtig ist zu verinnerlichen, dass man Studierender ist und nicht eigenständig behandeln darf", ergänzt der Versicherungsspezialist. "Handlungen müssen abgesprochen sein. Ahnt oder weiß der PJler, dass ihn ein Auftrag überfordert, sollte er dies zur Sprache bringen und die Ausführung gegebenenfalls ablehnen. Sehr wichtig ist auch die Dokumentation. Es ist immer gut, wenn Maßnahmen hinsichtlich Anweisung und Ausführung nachvollzogen werden können."